Schweiz 2003




Süntel 2002; das Jahr 2003 wirft erste Schatten voraus. Die SüntelBiker feiern ihr 10-jähriges Bestehen. Sollten wir zur Feier des Jubiläums mal wieder eine Bikewoche veranstalten?
Sieben Jahre ist es dann her, dass wir in Grindelwald waren. Die unglaubliche Landschaft wird jedem der damaligen Mitfahrer noch in guter Erinnerung sein.
Auf erste vorsichtige Anfragen sagt Jens B. sofort zu! Jürgen G. signalisiert sein Interesse. Von den neuen SüntelBikern sind Michael und Olaf dabei. 5 Biker; eine optimale Gruppengröße. Die Planungen können beginnen.
13.09.   ANREISE
Mit zwei Autos haben wir (Jens B., Jürgen G., Jürgen S., Michael und Olaf) uns auf den Weg in die Schweiz gemacht. Erstaunlicherweise war jeder superpünktlich. Nach einem kurzen Begrüßungstreff um 7:15 an der Tankstelle in Aerzen ging es los. Der Himmel war weitgehend bedeckt, aber für die nächsten Tage war Sonne pur angesagt. Hoffentlich, denn Berner Oberland ohne Sonne wäre total frustrierend. Bis Frankfurt hatten wir jede Menge Staus zu überstehen; nach einer kurzem Pause ging es zügig weiter. In Basel trafen wir uns am Mövenpick-Restaurant. Dort bekamen wir gleich einen ersten Eindruck von den heftigen Schweizer Preisen.

Am späten Nachmittag trafen wir in Grindelwald ein. Grindelwald, das Dorf der Japaner. Bestimmt die Hälfte der Touristen kommt aus Japan. Auf der Straße hoch zum Terassenweg kamen uns jede Menge Leute auf Trottibikes entgegen. Das sind Roller, die man auf der Bergstation Bort mieten kann und mit denen man sich nach Grindelwald herunterrollen lassen kann. Die Dinger sind immerhin mit Federgabel und Scheibenbremsen ausgerüstet. Ein Japaner auf einem Trottibike hatten ein so breites Grinsen im Gesicht, dass er am Abend bestimmt Probleme damit hatte, die Fliegen aus den Zähnen zu bekommen.

Da unser Chalet Stein nicht mehr vermietet wird, hatten wir schon vor längerer Zeit das Chalet Bodmi gechartert. Nicht luxuriös, aber gemütlich. Drei Schlafzimmer, ein Balkon und eine prima Aussicht auf den Eiger.



Zum Abendessen ging es in den Steinbock. Früher trafen sich hier die Einheimischen, jetzt ist leider eine Pizzeria daraus geworden. Die Pizza schmeckte nicht schlecht, für 18 Franken war sie aber etwas dünn belegt.


14.09.
RUND UM DAS FAULHORN oder DIE GROSSE SCHEIDEGG-TOUR
81 km   2000 hm

Wir konnten unser Glück kaum fassen! Strahlend blauer Himmel (wie übrigens auch an allen anderen Tagen)!! Das Wetterhorn und der Eiger ragen aber über Grindelwald so hoch, dass man Mühe hat den Himmel zu sehen! Pünktlich um 9:00 ging es los.

81 Kilometer, das hörte sich erst einmal nicht schlimm an, denn von Grindelwald geht es 20 Kilometer fast nur bergab nach Interlaken. Von dort fährt man 30 Kilometer mit nur wenigen Bergpassagen am Brienzer See entlang bis nach Meiringen. Doch dann geht es wieder in die Berge. 20 Kilometer fast nur bergauf! Und dann eine 10-Kilometer-Abfahrt von der Großen Scheidegg nach Grindelwald!

In Bönigen am Brienzer See haben wir ein Revival-Foto gemacht. Komisch, es ist über sieben Jahre her, aber alles ist noch gut in Erinnerung. Doch damals sind wir nur von Böningen nach Meiringen gefahren, haben das Sherlock-Holmes-Denkmal besucht und sind dann auf der anderen Seeseite wieder nach Böningen zurückgefahren. Doch jetzt haben wir uns mehr vorgenommen!



Weiter ging es am Brienzer See entlang. Frust kam auf, als uns an einer langen Steigung ein Mädchen in Zivil auf einem City-Bike überholte. Nun ja, sie wollte bestimmt nicht auf die Große Scheidegg hoch.

Im Sommer 1996 führte die Königsetappe der Tour de Suisse durch das Reichenbachtal über die Große Scheidegg nach Grindelwald. Vorbei an Wasserfällen, Tannenwäldern, dunklen Schluchten, duftenden Alpweiden, Gletschern, Felsen und ewigem Schnee. Die Kombination dieser eindrücklichen Bilder mit der sportlichen Leistung faszinieren jeden Biker und machen einen Ausflug durchs Reichenbachtal (vorbei an der Rosenlaui-Schlucht) über die Große Scheidegg (1367 hm) zu einem einmaligen Erlebnis. Laut schweizer Prospekt ist die Strecke zwischen Meiringen und der Großen Scheidegg eine anspruchsvolle Bike-Tour mit lang anhaltenden Steigungen auf Natur und Asphaltstraßen.



Also, rein in die Berge! Auf Höhe der Reichenbachfälle habe wir in einem urigen Lokal Mittagspause gemacht. Alle haben Spaghetti gewählt. Kleine Teller, aber 18 Franken! Nun ja, sie haben gut geschmeckt. Wir sind auf der Teerstraße immer weiter hoch gefahren. Nervig war, da die relativ schmale Straße bis zur Schwarzwaldalp für den Autoverkehr freigegeben ist. Kaum hatte man richtig Tritt gefasst, da kamen von vorne und hinten wieder Autos. Vorbei an Rosenlaui (dem kleinsten Schweizer Dorf) und der Rosenlaui-Schlucht ging es zur Schwarzwaldalp. Hier wurde wieder ein Zwischenstop eingelegt.





Nach 1500 Höhenmetern und fast 70 Kilometern ging bei mir gar nichts mehr. Luft und Wille waren noch vorhanden, aber Oberschenkelkrämpfe machten ein Weiterfahren unmöglich. Also bin ich mit dem Bus auf die Große Scheidegg gefahren. Die Busse sind mit ihren Bike-Haltevorrichtungen auf müde Biker eingerichtet. Mit dem Berg war ich noch nicht fertig, aber wir waren ja auch noch ein paar Tage hier! Michael war am schimpfen über die Strecke. Wollte er auch mit dem Bus fahren? O-Ton Michael: 'Ich fahre hier jetzt hoch und wenn ich sterbe!'

Die letzten 500 Höhenmeter führten in engen Serpentinen eine schmale Straße hinauf. Am Ende haben alle die Tour gut überstanden. Aber vielleicht war es taktisch unklug sie am ersten Tag zu fahren.

Michaels Meinung

1. Tag, große Scheidegg oder auch die Rache des Jürgen Schaper

Mann Jürgen, was hast Du Dir dabei nur gedacht. Ich meine Yellow und Jens hätten es uns ja sagen können, aber wie kannst Du denn die blutigen Anfänger Olaf und mich zu so einer Mördertour überreden.

Was solls. Am Sonntag in aller Hergottsfrühe (war es eigentlich noch dunkel) sind wir aufgebrochen. Angezogen hatten wir alles, was wir so dabei hatten, bei max 5� auch verständlich. Auch ein Blick Richtung Eigernordwand verriet uns, dass die Schneefallgrenze sich nach unten orientiert hatte.

Trotz aller Aufregung bei mir fuhren wir locker los. Bis der Herr Ellinger sich die Gamaschen abstreifen wollte. Auwei, wieder so ein Mist gekauft. Beim Ausziehen reisst der Reisverschluss und bei Michael der Geduldsfaden. Und dann auch noch Jens: sag mal, nach welchen Kriterien kaufts Du eigentlich Dein Bikezubehör. Super. Ab jetzt war Herr Ellinger einfach nur noch gut drauf. Bis auf den Reinfall mit dem Mädchen auf Ihrem Touristenrad, die nicht nur mich, sondern auch Jürgen S. und Olaf am Berg glatt stehen lies. Dafür hat Sie dann der liebe Jens auch gleich belohnt und ein Foto von Ihr inkl. Wasserfall geschossen. Toller Typ!

Nach den sündhaft teuren Spagetti ging es ans eingemachte: nur noch berghoch. Dazu die blöden Sonntagsfahrer auf unserer Strecke. Es gab doch einige Momente, wo ich am liebsten umgekehrt wäre. Aber: Ehrgeiz zeigen und durchbeißen. Und siehe da, geht doch. Aber nach der Schwarzwaldhütte (oder so ähnlich) war es echt happig. Egal, als wir Arm in Arm oben auf den Pass gerollt sind, war alles nur noch klasse. Über die 5 Minuten Abfahrt reden wir gar nicht, die ging so schnell vorbei, dass man es kaum bemerkte.

15.09.
ZWEI GLETSCHER TOUR
20 km   660 hm

Nach der 'Mördertour' von gestern wollten wir es ruhig angehen lassen. Zunächst sind wir vom Terassenweg 200 hm runter nach Grindelwald Grund gefahren. Von dort ging es über die Erlenpromenade zur Gletscherschlucht. Meine Kumpels haben sie gleich besichtigt. Als Höhenkranker bin ich draußen geblieben. Zwischenfrage: Warum fährt jemand mit Höhenangst so gerne nach Grindelwald?



Weiter ging es zum Marmorbruch. Nach einigen Fotos und einem Stuntversuch von Michael fuhren wir auf wirklich schönen Wegen mit einem tollen Blick auf die Fiescherhörner Richtung Hotel Wetterhorn. Wir konnten das Loch im Eiger deutlich erkennen. Dazu an einer anderen Stelle mehr. Unterwegs ist Michael leicht im Stacheldraht hängengeblieben und Olaf hat seine Brille verloren (aber auch wiedergefunden).



Weiter ging es zum Bike-Parcours. Der Kurs liegt direkt an der Ruine der Talstation des ehemaligen Wetterhorn-Aufzugs. Er ist nicht lang, aber hübsch gemacht. Es gibt einige technisch anspruchsvolle Stellen. Manchmal kam es zu kuriosen Bildern. Ein Biker versuchte sich an einer sehr steilen Rampe, vier Biker standen dabei und fotografierten. Michael hat sich bei einem Sturz schmerzhafte Blutergüsse zugezogen.



Nächste Station war der Obere Gletscher. Er ist in den letzten Jahren erschreckend zurückgegangen. Vorbei sind die Zeiten, an denen man den Gletscher gefahrlos betreten und einen Tannenbaum in einer Höhle bewundern konnte. Jetzt muss man einen an den Felsen geklatschten Leiterweg gehen um ans Eis zu kommen. Da auch diese Attraktion wieder einen Haufen Eintritt kostet, haben wir sie ausgelassen. Dafür haben wir uns beim Hotel Wetterhorn inmitten von Wanderermassen Kaffee und Kuchen schmecken lassen.

Am späten Nachmittag waren wir noch im Grindelwalder Hallenbad. Kostet normalerweise einen Batzen Eintritt, aber als Inhaber einer Gästekarte der Kategorie A war es für uns kostenlos.

Jetzt waren wir alle wieder fit und fassten den Plan, am nächsten Tag die Königsetappe zu fahren! Zwei schlechte Nachrichten gab es aber doch: Die Kiste Becks Bier und die Flasche Johnnie Walker waren leer!

Michaels Meinung

2. Tag, Locker, Locker

Was hab ich für schwere Beine, aber locker, locker. Heute machen wir nich so viel.

Locker in die Gletscherschlucht, locker im Bikeparcour, locker auf die Klappe legen und dann noch locker Schwimmen gehen.

Wirklich ein lockerer Tag mit nicht mal 700 Höhenmeter. Was sind wir doch für lockere Typen.

16.09.
RUND UM DEN MÄNNLICHEN oder DIE KLEINE SCHEIDEGG-TOUR
51 km   1276 hm

Die Königsetappe! Wir sind sie schon vor sieben Jahren gefahren. Damals war der Himmel fast vollständig bedeckt. Darüber habe ich mich jahrelang geärgert! Heute haben wir strahlend blauen Himmel!

Doch zunächst müssen wir den Grindelwalder Bikeladen am Bahnhof ansteuern. Die Bremsen an Olafs Bike machen einen fürchterlichen Krach. Das wären keine guten Voraussetzungen für eine solche Tour. Nach nur 30-minütiger Wartezeit hatte der Schrauber neue Bremsbelege eingebaut und die Bremsen neu eingestellt. Gott sei Dank, sonst wären wir bei der 1200-hm-Abfahrt ziemlich unangenehm aufgefallen. Nicht, da Olaf übermäßig viel bremsen würde, aber doch so ab und zu.

Los ging es Richtung Zweilütschinen. Der Weg kannten wir schon von der Tour vorgestern. Zunächst ging es einen schmalen Weg durch Waldstücke entlang der Schwarzen Lütschine. Ab Burglauenen ging es auf einer circa 100 cm breiten Teerstraße immer bergab. Ideal zum Heizen. Yellow hatte mehr als 70 km/h auf dem Tacho. Von Zweilütschinen fuhren wir 150 hm immer an der Weissen Lütschine entlang auf Forstwegen nach Lauterbrunnen hoch. Hier haben wir uns nicht lange aufgehalten.

Der weltberühmte Wasserfall war aber nicht zu übersehen. Die beiden autofreien Dörfer Wengen und Mürren waren von hier unten nur zu erahnen, da sie auf beiden Seiten des Tales 500 bzw. 800 Meter über Lauterbrunnen liegen. Zumindest Yellow hatte mit dem Gedanken gespielt, die 500 Höhenmeter nach Wengen per Bike zurückzulegen. Der sehr sportlich aussehende Schrauber im Grindelwalder Bikeladen hatte auf Nachfrage aber gesagt, dass dieses Teilstück brutal steil wäre. Er selber wäre da noch nie hochgekommen. Also haben wir uns alle in die Bahn gesetzt und sind mit ihr bis nach Wengen hochgefahren. Schon nach wenigen Sekunden Bahnfahrt taten sich imposante Ausblicke ins hintere Lauterbrunnental und nach Mürren auf. Am Bahnhof in Wengen haben wir erst einmal Pause gemacht. Jacken und lange Hosen wurden ausgezogen. Jens führte uns seine neue Bike-Klamotten vor. Sie machten ihn gleich viel jünger! Jetzt ging es ins Gebirge.

800 hm bis auf die Kleine Scheidegg. Wir waren ziemlich optimistisch sie auch ohne schieben zu schaffen. Das erste Stück - noch in Wengen - ist aber ziemlich steil. Das heißt es den kleinsten Gang nehmen und ruhig und gleichmäßig treten. Nach zwei Kilometern kamen wir in Bereiche, die man gut fahren konnte.



Für kurze Strecken war der Weg sogar eben. Wiederholt standen Kühe auf dem Weg, mussten wir Gatter öffnen und schließen. Gut, dass auf der Mountainbike-Route fast keine Fußgänger zu sehen waren.



Die Landschaft wurde immer wilder und schöner. Als wir um eine Ecke kamen und Sicht auf Eiger, Mönch und Jungfrau hatten stellte sich ein echtes Gänsehaut-Feeling ein. Eine unbeschreibliche Aussicht!



Nächste Pausenstation war Wengernalp. Von hier waren es nur noch 200 hm. Wir machten mal wieder ein Revival-Foto und Yellow gab einen animalischen Jodler von sich! Von nun ab fuhren wir parallel zur Wengernalpbahn auf Wegen, die hauptsächlich für Fußgänger gedacht waren. Jetzt gab es jede Menge Gegenverkehr. Einige Minuten später sind wir geschlossen auf der Kleinen Scheidegg eingetroffen. Geil!

Kleine Scheidegg mit Eiger und Mönch


Wir wollten unbedingt ein Gruppenfoto vor einem Schild 'Kleine Scheidegg' machen. Doch wegen diverser Baustellen haben wir keinen vernünftigen Platz gefunden.



Nach einer längeren Pause mit gutem Essen, Siegespfeife und gestellten Fotos vor der Nordwand ging es 1200 hm nach Grindelwald-Grund runter.





Die Route führte zum größten Teil über Schotterpisten und forderte das Material heftig. Gut, dass ich nicht mit meinem alten Univega-Klassiker hier war. Wir wählten diesesmal den Höhenweg über Alpiglen. Der führte relativ dicht am Eiger entlang. Im unteren Teil der Abfahrt - schon auf einer Teerstraße - hatte Olaf eine Panne. Ein neuer Schlauch musste her, die Bremsbeläge mussten gerichtet werden.. Jens, Michael und Yellow waren schon weit unten, aber Olaf und ich haben zusammengelegt und haben dann auch genug Material und Werkzeug gefunden. Wir trafen die anderen, die wir per Handy benachrichtigt hatten, bei den ersten Häusern von Grindelwald wieder. Von hier bis zu unserem Chalet am Terassenweg waren es noch einmal mehr als 200 Höhenmeter. Es war eine tolle Tour!

Michaels Meinung

3. Tag, kleine Scheidegg

Heute war es nicht ganz so kalt wie am Sonntag, wie immer ein klasse blauer Himmel und Sonne satt. Nach dem lockeren Rollen zum Bahnhof und der kleinen Zugfahrt ging es dann doch zur Sache. Zunächst echt nur fürchterlich nach oben, oh Jesus, mein Übergewicht. Aber dann, nach einiger Zeit, eine Aussicht auf Berge, Wiesen, Gletscher und und und. Gigantisch. Wegen des Panoramas ist der Aufstieg zur kleinen Scheidegg halb so schlimm. Eine solche Aussicht habe ich wirklich noch nie gesehen. Nach dem guten und teuren Mittagessen (Rösti mit Mozarella und Spinat) und einigen 100 Photos später haben wir uns dann auf die Abfahrt gemacht, diesmal etwas anspruchsvoller (das Hinterrad von Olaf meinte das wohl auch und verabschiedete sich erst mal mit einem abgerissenen Ventil) aber einfach nur gut.

Aus dem Tal wieder hoch zum Basislager 1 (Basislager 2 war sozusagen die Birnenmarie mit Ihrem Zwetschgenkuchen, den keiner wollte).

Wieder ein gelungener Tag und wieder kaputt wie Schwein.

17.09.
AKTIVER RUHETAG oder WANDERUNG ZUM STIERECK
600 hm
Bericht von Jens folgt (vielleicht)!

Meine Kumpels sind zu Stiereck gewandert; das ist nur etwas für Schwindelfreie! Ich habe in der Zeit alte Erinnerungen in Grindelwald aufgefrischt und bin zum Schwimmen gegangen. Aus dem Wasser hat man eine prima Aussicht auf den Eiger.

Michaels Meinung

4. Tag, Locker 2

Heute machen wir wieder einen auf locker: Jürgen S. macht Grindelwald unsicher und der Rest geht wandern. Immerhin ca. 4 Stunden, 600 Höhenmeter (zu Fuß) und lecker Schweizer Speck. Nur Jens machte wieder einmal Erfahrung mit der Kreativität und Flexibilität der eidgenössischen einheimischen Bergleute:

Jens: Ich möchte ein Brot mit rohem Schinken.
Bergwirtin: Schauen Sie doch mal auf die Karte.
Jens: Also wirklich nur ein Brot mit rohem Schinken
Bergwirtin: Dann müssen Sie das Baguette mit Schinken nehmen
Jens: Ist der Schinken denn roh
Bergwirtin: Also so richtig roh nicht
Jens: Aber ich möchte doch nur ein Brot mit rohem Schinken
Bergwirtin: Es gibt nur das auf der Karte
Jens: Hmmmm, na gut, probier ich das eben

War doch klar, das ein Baguette mit gekochtem Schinken kam. Jens klatsche dann soviel Senf drauf, dass es geschmacklich einfach nicht mehr zu erkennen war: Geht doch.

Nach dem Wandern wieder zur Birnenmarie und Freude über einen schönen Tag.

18.09.
GRINDELWALD PANORAMA
32,4 km   1264 hm

Dieses Mal ging es von der Grindelwalder Seite aus auf die Große Scheidegg. Ich war zwar schon mit dem Bike oben, aber heute wollte ich auch mit dem Bike 'hochfahren'. Eine gut zu fahrende Strecke. Es sind vom Terassenweg 800 hm Teerstraße, die sich in zahlreichen Serpentinen den Berg hochziehen.


Die Steigung ist gleichmäßig und nicht zu stark. Obwohl wir einen blauen Himmel hatten, war es ziemlich kalt. Die Sonne steckte noch hinter dem Wetterhorn. Kurz hinter dem Hotel Wetterhorn tauchten hinter uns sechs Mountainbiker auf. Sie schlossen in zügigem Tempo auf. Wir schätzten ihr Alter zwischen 60 und 75. Austrainierte Jungs! Bei ein kurzen Austausch während der Fahrt erzählten sie, das sie aus Spiez kämen und mit dem Auto nach Grindelwald gefahren wären. Leider haben wir keine Adressen ausgetauscht. Also, falls Ihr das hier lesen solltet: Viele Grüße!!


Nach knapp zwei Stunden - niemand hat wirklich auf die Uhr gesehen - waren wir oben. Dank der Unterstützung meines persönliches Coaches Jens ('gleichmäßig treten', 'Trink bevor du Durst hast'....) waren wir die beiden ersten. Die Jungs aus Spiez waren aber eine Minute vor uns oben!


Meine Kumpels wollten noch über First weiterfahren. Nach dem, was ich so gehört hatte, ist dies keine Strecke für Höhenkranke. Da ich mich aber fit fühlte, habe ich kurz überlegt, ob ich die 500 Höhenmeter zur Schwarzwaldalp runter und wieder hoch fahren sollte. Ich habe es aber dann doch gelassen. Wahrscheinlich ärgere ich mich noch mal darüber!


Michaels Meinung

5. Tag große Scheidegg, die Zweite

Es ging mal wieder um die große Scheidegg. Nach Magnesiumtabletten, Bananen en gros und ordentlich was zu trinken haben wir denn angefangen. Die Profis haben vor dem Bergauffahren Herrn Ellinger erst mal gezeigt, dass sein Sattel falsch montiert war. Tolle Wurst, es war nach der Einstellung wirklich besser aber was habe ich getan, dass man mir das erst am letzten Biketag sagt. Echte Kumpels.

Das Bergrennen mit den 60 - 70 jährigen Schweizer Bikern haben wir zwar verloren, aber wir sind alle doch recht locker auf die gr. Scheidegg gekommen. Jürgen [..] radelte wieder gen Tal, die anderen düsten zum First. Dort die Akkus aufgefüllt mit Spagettis und Spezi und weiter ging es über eine gewagte Tragepassage (war froh, als es vorbei war) wieder retour zum Basislager 1.



19.09.
TOP OF EUROPE oder DIE FAHRT AUFS JUNGFRAUJOCH

Es ging aufs Jungfraujoch. Ich war schon ein paarmal oben, aber es ist immer ein unvergessliches Ereignis. Ich schreibe diesen Bericht nur ungern, weil es mir einfach nicht möglich ist, die Eindrücke dieser Tour rüberzubringen.

Am Abend vorher hatte Olaf schon die Karten besorgt. Wir haben das GOOD MORNING TICKET genommen. Da muss man morgens mit dem ersten Zug fahren und das Jungfraujoch spätestens um 12:00 verlassen haben. Dafür ist der Preis halbwegs zu ertragen. Wir stiegen in Grindelwald Grund ein. Das ist ein paar Franken billiger als beim Start von Grindelwald. Außerdem gibt es dort einen riesigen Parkplatz zu vernünftigen Preisen.

Auf der Kleinen Scheidegg müssen wir umsteigen. Es geht an der Station Eigergletscher in einen Tunnel, den wir bis zum Ziel nicht mehr verlassen werden.

Erster Haltepunkt ist die Station Eigerwand (2865 m). Fünf Minuten Aufenthalt. Aus zahlreichen Fenstern kann man direkt aus der Wand nach unten sehen. Wenn bloß die Scheiben etwas besser geputzt wären. Olafs Versuch eine Scheibe zu öffnen ist bei mir nicht gut angekommen! Ich muss daran denken, dass dieser Ort der Ausgangspunkt dramatischer Rettungsaktionen in der Eiger-Nordwand war (Buchtip: Heinrich Harrer, Die Weiße Spinne - die Geschichte der Eiger-Nordwand).



Weiter geht es zur Station Eismeer (3160 m). Wieder fünf Minuten Pause. Wieder zahlreiche Fenster! Wieder ein toller Ausblick! Wieder zahlreiche Fotos! 'Eismeer - der Name der Station konnte nicht treffender sein: unter ihren Fenstern eine zu Eis erstarrte Brandung. So musste die Welt am zweiten Schöpfungstag ausgesehen haben, bevor Land und Wasser sich schieden, bevor das Leben unter dem Licht der Sonne keimte' (Quelle: Verena Gurtner, Jungfrau Express). Leider sieht man nichts mehr von der großen Geschichte der Station. Hier befand sich bis 1951 in geräumigen Hallen ein Umsteigebahnhof. Für sieben Jahre versah Eismeer die Funktion einer Gipfelstation. Es gab Restaurants, Poststation ... Unterdessen ging der Bau der Bahnlinie weiter.

Nach 90 Minuten Fahrzeit sind wir oben! Jungfraujoch! 3454 Meter über NN. Der höchstgelegene Bahnhof Europas! Das Ereignis für alle Japaner in Europa! Zunächst fahren wir mit einem superschnellen Fahrstuhl zur Sphinx (3571 m) hinauf. Die Station wurde vor ein paar Jahren zu einem futuristischen Glas-Gebäude umgestaltet. Man hat eine fantastische Sicht in alle Richtungen. Die Jungfrau und der Mönch erscheinen zum Greifen nahe.


Wieder in der Station angekommen schicke ich eine E-Mail mit Bildanhang an meine Familie. Für zwei Franken ist man dabei! Weiter geht auf den Gletscher. Wir gehen getrennt einige Meter in Richtung Mönchsjochhütte. Jeder ist still und genießt einfach die Aussicht - oder telefoniert mit daheim. Hier im Schnee sind wir froh, dass wir Sonnenbrillen dabei haben. Man kann sich kostenlos flache Schüsseln zum Rodeln leihen, was wir auch tun. Die Schlittenhunde und der Skilift sind nur bis Mitte September im Einsatz. Hier sind wir wohl ein paar Tage zu spät gekommen.


Nächste Station ist der Eispalast. Sieben bis zehn Meter unter der Oberfläche geht man durch blankes Eis. Figurengruppen und Gebäudemodelle sind in das Eis geschnitten. Ein Erlebnis! Danach geht es aufs Aussichtsplateau. Hier geht es zu, wie auf dem Hauptbahnhof in Tokio. Aber man spricht auch Deutsch. Eine Frau ruft: 'Ist das geil hier; ich könnte schreien!' Was sie dann auch getan hat. Wir stehen im Schnee und genießen die überwältigende Aussicht. Auf der einen Seite sieht man weit über Interlaken hinaus in das Voralpenland. Auf der anderen Seite sieht man auf den größten Gletscher der Alpen, den Aletsch-Gletscher. Von hier sieht man auch die Station Jungfraujoch von außen. Ein imposantes Gebilde, das 1987 das alte Holzbauwerk ersetzt hat, das am 21.10.1972 abgebrannt ist.



Um 11:30 machen wir uns auf den Rückweg. Man spielt kurz mit dem Gedanken an der Station Eigergletscher auszusteigen und den Eigertrail zu gehen. Dies ist ein neuer Bergwanderweg, der direkt am Fuß der Nordwand entlangführt. Wir fahren dann aber doch alle zur Kleinen Scheidegg und lassen uns ein lecker Mittagessen schmecken. Am Nachmittag sind wir wieder in Grindelwald.

Während wir zu viert auf dem Jungfraujoch waren, hat Yellow mit einer Bike-Tour auf den Männlichen noch jede Menge Höhenmeter gemacht!

Michaels Meinung

6. Tag Jungfraujoch

Hier kann Jürgen S. so richtig aus dem Nähkästchen plaudern, der kennt sich am besten aus. Interessant war nur, dass bei der Bergabfahrt fast alle geratzt haben. War wohl doch etwas früh, dieses Early Morning Ticket.

Besonders hervorzuheben ist das Abendessen am letzten Tag:

Grindelwalder Powertopf

Für Nachkocher und Neugierige, hier das Rezept

2 Dosen Hühnereintopf, Marke Aldis Rache
eine große Menge gekochter Reis, min. 2 Tage alt
eine Dose geschälte Tomaten, schön kleingeschnitten
eine Dose mit 6 Wiener Würstchen, auch schön klein geschnitten
3 große Zehen Knoblauch
1 halbe Flasche Tobasco

alles zusammen manschen und ordentlich heiß machen (nicht kochen)

als Beilage frisches Schweizer Sovitalbrot

als Getränk selbstgekauftes Rugenbräu

20.09.
RÜCKREISE

Pünktlich um 9:00 Uhr kommen wie aus Grindelwald weg. Noch ein letzter Blick auf die Nordwand! Unterwegs habe ich genügend Zeit um mir meine Gedanken zu machen. Ich denke, dass die Bikewoche ein voller Erfolg war. Wir hatten wahnsinniges Glück mit dem Wetter. Es hat keine ernsthaften Unfälle gegeben. Wir haben viel gesehen und erlebt. Ich habe mein Ziel, bevor ich einen runden Geburtstag habe auf die Kleine und Große Scheidegg zu biken, erreicht. Ich denke schon an die Homepage. Mist! So ein Erlebnis kann man jemanden, der nicht dabei war, über eine Internetseite nicht verdeutlichen.

Das Zusammenleben hat gut funktioniert. Das war nicht unbedingt zu erwarten. Fünf Männer, von denen jeder so seine Macken hat, haben eine Woche ohne Probleme zusammengelebt. Wir mussten nicht mal einen Koch- oder Frühstücksplan aufstellen.

Auf der Rückfahrt haben wir richtig gesund gelebt. Mittags waren wir bei Burger King, Kaffee gab es bei Mac Donalds. Gegen 17:00 Uhr waren wir wieder in Aerzen an der Dea-Tankstelle. Noch eine kurze Verabschiedung, dann ging es auseinander.