Von der Holzabfuhr im Süntel

von Konrad Diekmann

Die Holzabfuhr mit Pferd und Wagen verlangte gute Kenntnisse im Umgang mit Pferden und der Einschätzung des Geländes. Es war bis vor dem 2. Weltkrieg eine ausgesprochene Fuhrmannsarbeit, die erst mit der zunehmenden technischen Entwicklung nach dem Krieg allmählich zum Erliegen kam. Die Holzabfuhr wurde meist von kleineren landwirtschaftlichen Betrieben durchgeführt, die sich mit dieser Tätigkeit in den Wintermonaten etwas Geld dazu verdienten, denn Pferde standen nur dann zur Verfügung, wenn sie für die Landwirtschaft nicht gebraucht wurden.

Die Holzabfuhr war für Mensch und Tier Schwerstarbeit. Das Ziehen des schwer beladenen Wagens und das Rücken der Stämme aus den Beständen war ein mühsames und nicht ganz ungefährliches Unterfangen. So konnte z.B. an hohen und steilen Böschungen das Holz dem Pferde in die Hinterbeine schießen, wenn direkt bergabwärts gerückt wurde und an sumpfigen Stellen war ein Einsacken der Pferde möglich u.a. Nur schwere Pferde waren für diese Arbeit geeignet, die höchstens bis zu einem Alter von 10-12 Jahren eingesetzt werden konnten, weil danach die Leistung stark nachließ. Der Anschaffungspreis der Pferde betrug um 1960 etwa die Hälfte eines Volkswagens (Käfer). Hufbeschläge, Reparaturen am Geschirr sowie an Wagen und Ketten verringerten die Einnahmen der Fuhrleute erheblich.



Die Arbeit des Holzfuhrmanns war teilweise von unbarmherziger Härte. An einem Arbeitstag unter 12 Stunden war nicht zu denken. Hauptsächlich wurden schwere Buchenstämme im Süntelwald abgefahren. Dazu dienten zweiachsige Holzwagen mit eisenbereiften Rädern, wie sie in der Landwirtschaft im Gebrauch waren. Diese wurden mit bis zu vier Festmetern (cbm) Holz beladen. Immerhin hatte dann so ein Wagen ein Gewicht von vier bis fünf Tonnen. Zum Aufladen der schweren Stämme gab es keine Geräte. An beide Wagenräder stellte man schräg auf Maß gekürzte Baumstämme, auf denen man die Stämme an den Enden mittels Ketten, die von je einem Pferd gezogen wurden, auf den Wagen rollte. Manchmal führte ein weiter und beschwerlicher Weg vom Süntelwald zum Abladesammelplatz oder zur Holzfabrik, zum Sägewerk, zum Bahnhof, wo die Umladung der Stämme auf Eisenbahnwagen erfolgte. Die Prozedur war ähnlich der des Aufladens im Walde. Die Stämme wurden von zwei Pferden mittels einer Umlenkrolle und Seilen direkt vom Fuhrwagen auf den Eisenbahnwagen gezogen oder besser gesagt gerollt.



Nach der Heimkehr der Gespanne auf den Hof war noch lange kein Feierabend. Es gab noch viel zu tun. Als erstes mussten die Pferde versorgt und Vorbereitungen für die Arbeit des nächsten Tages getroffen werden. Bis zum Schlafengehen war der Fuhrmann vollauf beschäftigt. Im Laufe der 50er und 60er Jahre nahm die Technisierung enorm zu. Zum Holztransport wurden immer mehr Lkw's eingesetzt. Allmählich wurde die Holzabfuhr mit Pferden von Traktoren und speziellen Holzerntemaschinen verdrängt. Doch bis weit in die Hälfte des 20. Jahrhunderts waren die Rücker mit dem Pferd in der Forst tätig.