Langenfelder Steinbruch

Die folgenden Texte wurden dem Buch

Höhlen im Süntel und Wesergebirge
von Rainer Fabisch (Hrsg.)
ISSN 0374-6054
Beiheft zum Bericht der Naturhistorischen Gesellschaft Hannover

entnommen!

2. HÖHLENGRUPPE NORD e.V. (von Bodo Schillat)
[..] Natürlich ist es der Traum jedes Höhlenforschers, eine Schichtfugenhöhle zu finden, deren Hallen reich mit Tropfsteinen geschmückt sind. Dieser Traum ging im Jahre 1953 in Erfüllung. Eine kleine Steinbruchfirma nahm den Betrieb in einem vormals auflässigen Steinbruch an der Straße nach Langenfeld wieder auf und legte dabei den Zugang zu einer Schichtfugenhöhle frei. Zugängig wurde ein Raum von etwa 30 m Länge bei einer Breite von max. 15 m und einer Deckenhöhe von 3 m. Diese Höhle wurde natürlich häufig von Mitgliedern der HGN befahren und eingehend untersucht. Sie erhielt den Namen Langenfelder Höhle.

Ein Höhepunkt war es, als die Brüder Franke am Ende des bislang befahrbaren Raumes in schwerer Handarbeit den Zugang zu weiteren Räumen dieser Höhle freilegen konnten. So erschienen nach diesem ersten, nun "Eingangshalle" getauften Höhlenraum noch drei weitere Hallen, mit zum Teil märchenhaften Tropfsteinschmuck. Leider wurde der Tropfsteinbestand dieser Höhle zu 90% durch Andenkenjäger zerstört. Dabei gingen diese mit beispiellosem Vandalismus vor. Der Verf. Erinnert sich an eine Befahrung, bei der in der Atlantishalle 30 abgeschlagene Kerzenstalagmiten herumlagen. Diese über einen Meter hohen Stalagmiten zerbrachen beim Abschlagen in mehrere Teile. Die Vandalen nahmen dann nur die Endkappen mit und die ließen die anderen Bruchstücke liegen. Die Hauptaufgabe der HGN bestand während dieser Zeit darin, den Zugang zur Höhle vor diesen ungebetenen Eindringlingen zu sichern. Die Sicherung des scheunentorgroßen Einganges war eher dürftig und setzte den Bemühungen der Gegenseite nur wenig entgegen. So musste jedes Jahr einige Zeit verwendet werden, um die Einbruchstellen wieder auszuflicken. Das änderte sich erst im Jahre 1954, als die Langenfelder Höhle zum Naturdenkmal erklärt und endlich mit einem einbruchsicheren Verschluß versehen wurde. Die Langenfelder Höhle hat heute eine Gesamtganglänge von 240 m. Diese Höhle kann nach verschiedenen Merkmalen als Teilstück eines unterirdischen Flusslaufes angesprochen werden. [..]

Die "Alte Höhle" war zu Beginn des letzten Jahrhunderts eine kleine Schauhöhle und ist in der Region bei Älteren sicher noch bekannt. Steinbrucharbeiter zeigten sie den Besuchern gegen ein Trinkgeld. Das Gitter im Inneren der Höhle wurde seinerzeit nicht in erster Linie aus Gründen des Schutzes von Tropfsteinen eingebaut, sondern hier befindet sich ein Fledermausquartier. Es wurde installiert um die geschützten Tiere vor Störungen zu bewahren.


Das Foto ist der Originalscan einer alten Postkarte mit dem Poststempel vom 29.01.1911. Es zeigt den Eingang der Alten Höhle im Langenfelder Steinbruch. Vielen Dank für die Genehmigung der Veröffentlichung - und auch für die schriftlichen Informationen - an die Höhlengruppe Nord!


3. HÖHLENGESCHICHTLCHES (von Rainer Fabisch)
[..] Am westlich vom Blutbachtal gelegenen Riesenberg liegen an dessen Westhang die Pionierhöhlen. Möglicherweise fand hier bereits in sehr alter Zeit ein Abbau von bohnenförmigen Eisenanreicherungen, den Bohnerzen, statt, denn der Eingangsbereich weist Befestigungen in Form von zu beiden Seiten mauerartig aufgebrachten Steinplatten auf. Vor dem Eingang der Höhlen befindet sich ein Schotterberg und in der Höhle konnte Holzkohle nachgewiesen werden. Der alte stillgelegte Langenfelder Steinbruch liegt ebenfalls an der Westseite des Riesenbergs. Er wurde seit alten Zeiten für Wege und Straßenbau gebraucht [..]. Hier liegt die Alte Höhle. Bereits um 1900 soll die Höhe erschlossen worden sein. Auf einer Postkarte aus dem Jahre 1911 ist sie als Tropfsteinhöhle bei Langenfeld festgehalten. "1 Min. weiter aufwärts... an der Straße liegt in dem Langenfelder Steinbruch am Riesenberge eine kleine Tropfsteinhöhle. Der Felsspalt ist etwa 1 m breit, 3 - 6 m hoch und einige 30 m land. Die Wände sich versintert und zeigen einige Gardinen mit Zapfen daran; außerdem einige kurze stumpfe Säulen. Eintritt während der Arbeitszeit in dem Steinbruche gegen Trinkgeld" (AUGUSTIN 1923). Der Schaubetrieb in der Alten Höhle wurde im Jahre 1957 wie auch der Steinbruch aus Naturschutzgründen geschlossen. [..]

4.5.4 Höhlen am westlichen Riesenberg (von Rainer Fabisch)
[..] Nicht nur auf dem südlichen Ramsnacken zum steil abfallenden Blutbachtal hin herrscht Neigung zum Bergzerreißen. Auch am Westrand des Riesenbergs (Abb. 16), der steil zum Schneegrund abfällt, äußert sich verstärkt diese Tendenz durch den Charakter der hier vorkommenden Höhlen, die eigentlich "von Haus aus" Schichtfugenhöhlen sein sollten. Auch hier liegt die regionalgeologische Standardsituation für Bergzerreißen vor: Ausbeißende Schichten des Korallenooliths und der Heersumer Schichten über Ornatentonen des Doggers. Die derzeit drittlängste Höhle des Süntels, die Langenfelder Höhle, zeigt im Eingangsbereich erhöhte Versturzneigung und "knieförmigen" Gangverlauf mit wiederholtem Einschwenken auf N-S streichende Zerrspalten. Der Eingangsbereich der Langenfelder Höhle liegt im kleinen aufgelassenen Seinbruch an der Straße von Langenfeld nach Segelhorst ("Alter Steinbruch"), nur wenige Zehnermeter entfernt vom in den Schneegrund abfallenden Hang des Riesenbergs und neigt hier, bedingt durch hangparallele Zerrspalten, zu Verstürzen. Weiter ins Höhlen - sprich Berginnere nehmen die Höhlenräume zunehmend stabileren und ungestörten Charakter an.

Die Alte Höhle und die Franke Höhle liegen ebenfalls im Steinbruch, jedoch etliche Meter unter der Fossilschicht. Sie sind damit nicht an diese gebunden und in ihrer Anlage als Luftfugenhöhle mit nachfolgender reicher Versinterung und mit Einsetzen der Bergkräfte zunehmend als tektonische Höhle zu verstehen. Ähnliches ist von der weiter südlich gelegenen Pionierhöhle zu vermelden: Hier haben sich die Gangrichtungen auf die parallel zum Hang sprich zum Ausbiss des Korallenooliths streichenden Zerrspalten eingeregelt. Und obwohl die vorhandenen Bohnerze die gleichzeitig Bindung an die Fossilschicht und damit Schichtfugenhöhlencharakter bekunden, sieht sie eher aus wie eine Klufthöhle.

Ein besonders lohnendes Beispiel für eine durch Bergzerreißen stark überprägte Schichtfugenhöhle bietet die benachbarte Obere Höhle, die im Sommer 1954 von Karl Franke entdeckt und erst Anfang 1983 bis zu ihrer heutigen Gesamtausdehnung von einsatzfreudigen Höhlenforschern der Höhlengruppe Nord e. V. erforscht werden konnte. Diese Höhle ist einerseits an das Fossilschichtniveau gebunden, auf der anderen Seite hat sie mit ihren bis zu 6 m hohen und recht engen Höhlengängen den Charakter einer Klufthöhle. Auf insgesamt vier verschiedenen Niveaus breitet sich ein Gitter hangparalleler, d. h. NNW-SSW orientierter, und herzynischer Kluftgänge aus. Das bergeinwärts vorkommende 279 m-Niveau ist das lokale Fossilschichtniveau.

Im Eingangsbereich der Höhle liegen die tiefer gelegenen Niveaus auf 277 m, 275 m u7nd 273 m. Bereits auf Fossilschichtniveau setzt vom "Berginnern" her das weiter nach Westen voll zum Tragen kommende Bergzerreißen ein und hat dabei NNW-streichende Leitlinien für die Entwicklung der Höhle vorgegeben. Miteinander verbunden sind diese schichtenausbissparallelen Höhlengänge über herzynisch streichende Gänge. Diese wiederum werden im westlichen äußeren Höhlenteil auch vom Bergzerreißphänomen erfasst, indem sie zum Ausgang hin immer merh auf einen Verlauf parallel zum Schichtenausbiss einschwenken. [..]

Höhlen stellen sehr empfindliche Geotope dar! Die darin vorkommenden Fledermäuse stehen unter strengem Schutz! Die Höhlen des Süntel befinden sich allesamt in Naturschutzgebieten und unterliegen somit Zutrittbeschränkungen. Wer sich weitergehend über die Höhlen des Süntel bzw. im Allgemeinen informieren möchte kann dies über die Internetseite der Höhlengruppe Nord tun.

Fotos: j.schaper

Abbauwand des ehemaligen Steinbruches