Eine Landung am Hohenstein

Die erste und bis jetzt wohl einzige Landung eines Freiballons am Hohenstein im Süntel ereignete
sich 1932. Herr Lippoldes-Haddenhausen bestieg mit noch zwei Herren den Ballon. Von Herford
aus nahm die Fahrt ihren Anfang. Es wurde das Lipperland überflogen, dann Rumbeck, Kl.-Wieden,
Rohdeneck und der Amelungsberg. Eine eisige Luftströmung setzte ein. Im Wellergrund wurde der
Ballon zur Erde gedrückt und das Schleppseil blieb in den Bäumen hängen. Es kamen
lebensgefährliche Augenblicke. Als erster rutschte Herr Lippoldes mit den Händen am Seil herunter,
um in einer Baumkrone zu landen. Die anderen Herren kamen hinterher und gelangten auch
glücklich zur Erde. Es machte ihnen nichts aus, daß die Handflächen ohne Haut waren und bluteten.
Jahre nachher sah man noch dort, wo der Erdrutsch am Dachtelfeld in den Wellergrund war, die
Reste des Ballons in den Bäumen hängen.
Ein herzlicher Dank für das Material an Wilfried Koch aus Bakede.
Die Spleenhofsmarie
Dicht am Rande des Süntel, inmitten von Obstgärten und Buschwerk,
lag, der Meinhofshof. Selten nur kam Besuch in diese Einöde. Nicht
einmal die Soldaten des großen Napoleon haben hingefunden. Zwei Kinder
waren auf dem Hof, ein Junge und ein Mädchen. Der Junge war ein Stoffel,
dem irgend etwas im Kopfe fehlte. An dem Mädchen aber hatte der Bauer
seinen Narren gefressen. Er erfüllte ihr jeden Wunsch, auch wenn er
noch so unsinnig war. 'Er hat einen Spleen', sagten die Leute, und nannten
den Hof nicht Meinhofshof sondern Spleenhof.Als die Marie zwanzig, Jahre
alt war, begleitete sie der Bauer, wenn sie zum Tanze ging. Da saß
er dann zwischen den jungen Leuten und hörte sich an, wie sie seine
Marie, das schönste und reichste Mädchen der ganzen Umgegend,
bewunderten. Das tat ihm gut. An solchen Tagen gab er das Geld mit vollen
Händen aus. Als die Marie fünfundzwanzig Jahre alt war, hatte
es der Meinhofsbauer satt, sie immer noch zum Tanze zu begleiten, legte
sich auf die Seite und starb. Als kurze Zeit darauf auch die Mutter starb,
war die Marie Erbin auf dem Hof. Da wurde sie von den jungen Burschen noch
mehr umschwärmt. Mancher wäre gern Meinhofsbauer geworden, aber
die Marie wollte vom Heiraten nichts wissen. Nur tanzen wollte sie, immer
nur tanzen. Und wie sie tanzte! Und immer gab es am andern Tag einen Toten,
in Hülsede, in Schmarrie, in Beber, und sonst wo. In Hülsede
war es Klenken Hermann, der Sohn einer Witwe, der man nachsagte, dass sie
hexen könne. Nachdem sie ihren Sohn an der Kirchhofsmauer gegraben
hatte, ging sie noch in derselben Nacht zwischen zwölf und ein Uhr
zum Spleenhof und streute Holzasche vor die große Tür, wobei
sie verworrene Worte sprach. Sie wusste, von jetzt an würde der Hof
vom Unglück verfolgt werden. Sie hatte ihn verhext.Da fand eines Tages
ein verwundeter Offizier den Weg, zum Spleenhof. An diesem Tag warteten
die jungen Männer vergeblich auf Marie. Die bemühte sich um den
Verwundeten. Und als nach vielen Wochen zum ersten Male ein Lächeln
über sein Gesicht glitt, war sie außer sich vor Freude. Sie
tat, was sie noch nie getan hatte. Sie küsste den Fremden und schenkte
ihm ihre Seele. Aber oben im Baum saß schon die ganze Zeit ein schwarzer
Vogel und rief: 'Kommt mit! Komm mit!'
Im Februar war Faselabend. Den ganzen Nachmittag schon bliesen die Musikanten
durch das Dorf. Das junge Volk fuhte mit dem Fuhbusche aus Hülsen
und bunten Bändern die jungen Mädchen. Der ganze Zug ging von
Haus zu Haus und sammelte Gaben ein. Vor der Musik stolzierte der Britzemeister,
der trug, die Gaffel für die Würste, ein anderer trug den Korb
für die Eier, und hinterher wurde alles gemeinsam im Dorfkrug verzehrt.
An demselben Tage waren Marie und Jürgen Barlach, so hieß der
Offizier, auf dem Wege nach Beber, um beim Pastor das Aufgebot zu bestellen.
Als sie über das Gräberloh fuhren, trug der Wind die Musik zu
den beiden herüber. Ach; wären sie bloß nicht über
das Gräberloh gefahren! Marie griff in die Zügel 'Nach
Schmarrie', rief sie, 'nach Schmarrie!' und riss die Pferde herum.'Jürgen,
hörst du nicht die Musik?!' 'Wir wollen doch das Aufgebot bestellen',
sagte Jürgen. 'Morgen, Jürgen, morgen', antwortete die Marie,
und nach Schmarrie ging's in voller Fahrt. Eine Schar Krähen flog,
über das Gespann und machte die Pferde unruhig. Erst in Schmarrie
vor dem Krug gehorchten sie wieder. Und während Jürgen die Pferde
ausspannte und in den Stall brachte, stand Marie an der Tür und wartete
auf ihn. 'Nun, Spleenhofsmarie, diesen Tanz kriegen wir beide', wie aus
dem Boden gestampft stand der alte Müller vor ihr. 'He, Musikanten,
den nächsten Tanz für die schöne Marie und den Bruchmüller!'
Sie wehrte sich. Wo bleibt nur Jürgen? Die alten Hände halten
sie fest umklammert. 'Marie, ich will dich heiraten!' schreit er ihr ins
Ohr, 'mein Junge, den du in den Tod getanzt hast, will es.' Endlich kann
sie sich losreißen. Ihre Augen suchen Jürgen. Sie geht in den
Stall. Da liegt Jürgen Barlach auf dem Boden, sein Gesicht ganz entstellt.
Das Pferd der Marie Meinhof hat ihn laut dem Huf erschlagen. Nur einige
Neugierige, der Ortsschulze und der Bruchmüller folgten dem Sarg.
Der Ortsschulze, weil er es für seine Pflicht hielt, und der Bruchmüller,
weil es auffallen würde, wenn er als der zukünftige Ehemann der
Spleenhofsmarie nicht mit zur Leiche ginge. Am andern Tag wird die Marie
Mutter eines totgeborenen Kindes. Sie lag in Krämpfen und ist nicht
wieder zu Verstand gekommen. Als nach der Ernte die Musik zum Tanze
rief, ließ sie alle gehen und blieb mit Stoffel allein auf dem Hof
zurück. Sie nahm ein Licht und ging in den Stall, wo Heu und
Stroh genügend lagen. Groß und rund stand der Mond am Himmel.
Und dann kam ein Licht, das war größer als der Mond. - Ein Haufen
Asche und geschwärzte Steinquadern, das war alles, was von dem schönen
Hof am Süntel übrig blieb.
(Neue Deister-Zeitung v. 30.7.1936)
Ein herzlicher Dank für das Material an Manfred Kettel.
Dee "Keukenstein" (Kükenstein)
Unnern Hohensteine, vör der Wellergrund, is dee Lichtengrund. In düsser Lichtengrund is ne greote Steinplatten, so greot as ne halbe, mittelgreote Stooben.
Up düssen Steine moke jümmers ein Händler von düsser Halbe von Süntel seine Rast, wenn hei noo Zersen gung um Eier un Keuken (Küken) to keupen.
An einen Dage satt hei wia up düsser Platten un was an freustücken. Sein Korf stund on seiner Halbe, doch plötzlich sprung ein Keuken riut und verkroop seck unner der Platten. Hei kunn et nich wiakreigen. Hei was niu richtig barstig, kreige dee Eier iut'n Korbe un schmeit se in dee Richtunge wo dat Keuken henekropen was, vergebens . Von düssen Dage an nennt man düssen Stein den "Keukenstein".
Ein herzlicher Dank für das Material an Wilfried Koch aus Bakede.
Die Tonnengrund
Am Abhang des Ramsnackens, eines Berges in der Nähe von Langenfeld, befindet sich eine tiefe Schlucht; welche "die Tonnengrund" genannt wird.
Der Name soll von einer Begebenheit herrühren, die sich früher einmal hier abspielte.
Oberhalb des Abgrundes befand sich früher die Bleiche für die Einwohner von Langenfeld. Damit die Leinwand, welche damals ein kostbarer Besitz einer jeden Familie war, in der Nacht nicht gestohlen wurde, mußten die Eigentümer in dieser Zeit abwechselnd dort Wache halten. Als Unterschlupf bei schlechtem Wetter diente dabei
dem Wächter eine große Holztonne.
Nun hatte sich einmal ein Fuchs diese Tonne für seine Zwecke ausgesucht . Nahezu an jedem Abend kam er her und steckte seinen Schwanz in das offene Spundloch des Fasses. Dann begann er ihn kräftig zu scheuern, weil es ihn offenbar hier juckte. Mag sein, daß er Flöhe hatte, vielleicht war es auch die Räude. Dieses Scheuern gab dann ein Geräusch, das sich die Wächter nicht erklären konnten und für das Spuken eines Gespenstes hielten.
So kam es, daß schließlich niemand mehr bei der Leinwand Wache halten wollte.
Aber endlich fand sich doch ein mutiger Bursche, der nicht an Gespenster glaubte und der Sache auf den Grund gehen wollte. So legte er sich abends auf die Lauer und wartete auf auf den Spuk.
Und wirklich dauerte es gar nicht lange, da konnte er das
eigentümliche Geräusch hören. Da der Mond hell in die Öffnung der Tonne schien, erkannte er auch gleich, daß es ein Fuchsschwanz war der durch das Spundloch ragte.
"Na warte, Reineke", dachte er,"dir will ich die Gespensterei schon austreiben" und er packte mit beiden Händen kräftig zu. Der Fuchs war natürlich mächtig überrascht und versuchte zu entfliehen, doch wurde er weiter eisern festgehalten.
So geschah es dann, daß bei der Rangelei die Tonne ins Rollen kam und sie, der junge Mann und der Fuchs in den Abgrund hinunterkollerten.
Daher also der Name "Tonnengrund".
Autor nicht bekannt
Un niu dee Geschichte vonna Tonnengrund, wie se meck mine Groatmodder jümmer vetellt hätt:
As Kinner mossten wie von Zeesen jümmer no Langenfelle gohn un Aaften för iuse Mutter von Biuern holen, as dütt passiere was eck man just nejen Joar old.
Dütmol was eck anne Reihe. No ja, eck bin dann oak leos egohn häbbe ober in Holte annefongen teo speelen un dobei vergähten dat eck noch noa Langenfelle mosste. As et dann dämmrich wür bin eck dann ober losklabastert. As eck in Langenfelle anekomen bin, was es duister.
Niu konn eck eok nich mehr non Biuern gohn un de Aaften holen, ober no Hiuse woll eck ohne Aaften eok nich gohn, eck mot jök seggen, en bätschen Angest har eck eok för ner Dracht, wenn eck ohne Aaften in Zeesen anekomen wör.
Doa seih eck, dat in einen Hiuse noch Licht was, as eck dichter ran was, häb eck seihn, dat doa ne Hochtiet in was. Teon Glücke was ober nümste inner Leiftucht. Also bin eck doa rinnegoahn un häbbe meck uppn Kacheloaben (Ofen) verstäcket, up düsset Gestell, wo man süss de Linnen gedröget hätt. Un weil dat heuer so schön warm was, bin eck rasch inneslopen.
Eck bin dann wach wurn, as dee Briutluie in dat Zimmer kaimen un begünnen dee Gift to tellen.
Na ja, eck wass natürlich neuplüchtern un hebbe meck en beetschen to veel ober dee Kanten röberlehnt, un rums di bums krache dat ganze Gestell tohope.
Briut un Breugam löipen riut un roipen:"De Duivel is inne Leiftucht, de Duivel is inne Leiftucht"!
Niu moßt eck sein dat eck wechkamm un bin so rasch eck konne, int Holt elopen. Do häbb eck dann en Tummen efunnen bin rinnekropen un häbbe rasch den Deckel teomoket.
In den Tummen was Gott sei Dank en Lock un so häbb eck Luft ekrägen, konn ober oak seihn, wat biuten passiere.
De ganzen Hochteitsliue harren seck Forken ,Bessen, Soissen, Knüppel un anna Dinge snappet un sind inne Leiftucht eloapen un wulln den Duivel schnappen. No ja, sei häbbet ümmesüsst esocht.
As et dann wia ruhig ward woll eck iuten Tummen riut, ober de Deckel leit sek nich upmoken.
Eo, eo niu häbb eck so recht Angest ekkrägen un häbbe hoffet, dat meck an nächsten Morjen de Holtluie finnen würen.
Up einmol hör eck dann seon Geräusch un merke dat doa so wat um den Tummen rumlöppt. Eck häbbe dann dört Lock epacket und härr den Schwanz von Foss erwischet. Eck gloibe, dee harr vörher mien Botter roken, wat meck miene Modder schmeert harre. De Foss fung mächtich an to reiten, ober eck häbbe nich leos eloten.
Up einmoal fing de Tummen an to kippen un rolle dann den Affhang rünner bette an einen Boam pralle un kaputt wass. Niu konn eck wia riut un was direkt annen Wege noa Zeesen den eck kenne.
As eck tiu Hius annekoamen was wür meine Modder froh dat se meck wiaharre, eok ohne Aaften.
Jümmer wenn meine Groatmodder düsse Geschichte vertellt het un mien Groatvadder höre dat, gaff et jümmer Krach. Mein Groatvadder säe dann jümmer: "Diu vamuckte Loark , mosst de den Jungen allwia bange moken? "---
---..denn jedes Mal, wenn meine Großmutter erzählte, das der Deckel der Tonne nicht mehr aufging, sagte ich oft : "Oma, mich graut!"
Trotzdem sind die Geschichten, wie diese von der Tonnengrund, vom Baxmann, Böxenwulf und viele andere Erzählungen eine schöne Kindheitserinnerung für mich, die ich nicht missen möchte und die ich auch den Kindern unserer Zeit wünsche. Es waren Stunden der Geborgenheit in einer Familie, die mir die Kindheit trotz äußerer, widerer Umstände in den Jahren des 2.Weltkrieges und danach, lebenswert gemacht haben.
Wilfried Koch
Die Geschichte an der Bergschmiede im Süntel, 18. Jh.
Zwei Streithähne waren im Süntel unterwegs. Der eine kam von der Eulenflucht herunter, der andere ging von der Bergschmiede bergauf. Sie gerieten in so heftigen Streit, dass einer der beiden die Waffe zog und kurzerhand den anderen mit einem Schuss ins Jenseits beförderte.
Der Schütze war ein schneller Läufer, er lief mit Bedacht so schnell er konnte zur Bergschmiede, betrat das Lokal und fragte gezielt nach der Uhrzeit.
Im Mordprozess konnte man ihm die Tat nicht nachweisen, da man es nicht für möglich hielt, das jemand so schnell vom Ort des Geschehens zur Bergschmiede rennen konnte.
Fazit: Wir Osterberger beugen vor.
Quelle: Karl Krone, Bad Münder