Wer hat den Panitz-Stein beschädigt?



Foto: j.s. 2020

Der Panitzstein erinnert an eine Kindertragödie

März 2010 j.s.

Etwa 600 Meter westlich des Süntelturms befindet sich ein Gedenkstein, der an ein tragisches Ereignis erinnert, das vor über 100 Jahren passierte. Es ist ein Felsblock, der an der einen Seite eine glatte Fläche hat, auf der von ungeübter Hand eingemeißelt ist: 'Panitz, Kind, 5. Okt. 1871'. Am südöstlichen Rand des Süntels lebte der Bergmann Panitz mit seiner kinderreichen Familie. Vater Panitz arbeitete in einem der kleinen Süntelbergwerke. Ihren Brennstoffbedarf holte Mutter Panitz aus dem Walde. Häufig nahm sie ihre Kinder mit. Am 5. Oktober 1871 ging sie allein auf Holzsuche. Die Mutter blieb lange aus. Schließlich kamen zwei der Kinder auf die Idee, die Mutter abzuholen. Die sechsjährige Dorothea Christine und die eben dreijährige Johanna Florentine gingen gemeinsam den Weg zum Wald, den sie häufig mit ihrere Mutter gegangen waren.


Foto: Jürgen Giesecke

Sie warteten jedoch nicht am Waldrand, sondern liefen immer tiefer in den Wald hinein. Den Weg hatten sie bald verloren. Sie irrten umher und riefen nach ihrer Mutter, doch niemand hörte sie. Als die Mutter am Abend nach Hause kam fand sie ihre beiden Kinder nicht vor. Eine Suchaktion setzte ein, an der sich neben den Dörflern der Ortschaft Klein Süntel sogar Militär beteiligt haben soll.


Erst fünf Tage später fand man das jüngere Mädchen an der Stelle, an der heute noch der Gedenkstein steht. Die Leiche der der älteren Schwester wurde erst nach 21 Tagen an einer Stelle gefunden, die mehrere Kilometer westlich zwischen Katzennase und Borberg liegt. An dieser Stelle stand früher eine große Buche, in die ein Kreuz mit dem Namen Panitz eingeritzt war. Unter dieser Buche stand ein großer Stein. Beide sind im Laufe der Nachkriegsjahre verschwunden.
Ganz in der Nähe des Denkmals befindet sich dieses Wasserbecken.

Das zweite Panitzkind?

Die Fotos wurden von A.F. Broszio im Januar 2005 gemacht. Nach seiner Meinung handelt es sich hierbei um die Fundstelle des zweiten Panitzkindes. Der Baum mit dem Emailleschild (?) stand ca. 250 bis 300 m entfernt von der Kirche am Kammweg bzw. Grenzweg auf der rechten Seite in Richtung Hohenstein. Der Baum ist inzwischen der Säge zum Opfer gefallen und damit auch das Schild verschwunden. Auf dem Schild war kaum noch etwas zu lesen, nur andeutungsweise ein Datum und das P. Da die Stärke dieser Buche sicher noch nicht einem Alter von weit mehr als 100 Jahren entsprach, wird dieses Schild vielleicht später angebracht worden sein als Ersatz für eine ältere Markierung.



Auf einer alten Landkarte ist auch in der Nähe der Süntelkirche am Kammweg auf der rechten Seite in Richtung Hohenstein der Eintrag PANITZ-KIND zu sehen.

Eichenpfahl und Tafel erinnern an Tod des Panitzkindes

von Peter Jahn

Seit Jahrzehnten wies ein Schild an einer Buche am Rande des Kammweges zwischen dem Hohenstein und dem Süntelturm auf eine Tragödie hin, die sich im Jahre 1871 abspielte. Zwei kleine Kinder waren damals im Wald auf der Suche nach ihrer Mutter ums Leben gekommen. Ob der Sturm die Buche mit dem Hinweisschild abgeknickt hatte oder ob sie der Motorsäge bei Fällarbeiten zum Opfer fiel, ist nicht geklärt, wie Robert Wollnik erklärt. Der Wanderpate aus dem Sünteldorf Haddessen hat sich mächtig ins Zeug gelegt, damit ein neues Hinweisschild am Kammweg, neun Kilometer vom Süntelturm entfernt, aufgestellt werden konnte.


'Sieben Kilometer von hier, in dem Dorf Klein Süntel, lebte einst der Bergmann Panitz mit seiner kinderreichen Familie. Als die Mutter am 5. Oktober 1871 im Wald nach Brennholz suchen wollte und lange ausblieb, gingen ihr zwei ihrer Kinder nach: die sechsjährige Dorothea Christine und die dreijährige Johanna Florentine. Weil die übrige Familie sie bei ihrer Mutter wähnte, fiel ihr Fehlen erst am Abend auf. Nachbarn berichteten schließlich, dass die Kinder in den Wald gegangen seien. Unermüdlich durchstreiften Dorfbewohner und sogar das Militär den Wald. Nach fünf Tagen fanden sie das jüngere Mädchen tot auf. Die Leiche der Älteren entdeckte man hier � drei Wochen später und mehrere Kilometer vom Fundort der Jüngeren entfernt.' So steht es auf der Tafel, die auf die Tragödie hinweist. Es ist die Tafel für das ältere der beiden Mädchen. Das jüngere Panitzkind ist etwa 600 Meter westlich des Süntelturms gefunden worden. Dort steht ein Stein, der daran erinnert.


Heinz Phiephoh schreibt in seinem Buch 'Geschichte, Bilder und Geschichten aus Flegessen, Hasperde und Klein Süntel': Die Familie Panitz lebt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in einem bescheidenen Häuschen am südwestlichen Hang des Süntels. Der Vater arbeitet in einem der kleinen Bergwerke der Gegend, um seine kinderreiche Familie zu ernähren. Das Brennholz für den Ofen, mit dem daheim geheizt und gekocht wird, holt die Mutter aus dem nahen Wald. Häufig nimmt sie dorthin ihre Kinder mit. Doch nicht so am Morgen des 5. Oktober 1871. Die Töchter Dorothea Christine und Johanna Florentine beschließen, ihre Mutter abzuholen. Anstatt am Waldrand zu warten, gehen sie tief in den Wald hinein. Suchaktionen bleiben erfolglos. Nach fünf Tagen wird das jüngere Kind gefunden. Sie ist vermutlich aus Angst und vor Erschöpfung gestorben. Ihre ältere Schwester hat sie mit einer Schürze zugedeckt und ist weiter im Süntelwald umhergeirrt. Sie wird drei Wochen nach dem Verschwinden mehrere Kilometer westlich zwischen Katzennase und Borberg gefunden. In der Ortschronik von Klein Süntel wird berichtet, dass der Vater sein totes Kind auf einer Leseholztrage selbst nach Hause gebracht habe.


Am Fundort des älteren der Panitzkinder stand zunächst ein Stein, in einer Buche war der Name Panitz eingeritzt. Stein und Baum sind nach dem Zweiten Weltkrieg verschwunden, berichtet Heinz Phiephoh. Dass der Gedenkstein für das jüngere Kind noch heute erhalten ist, ist Karl Spilker und der Süntelwaldgenossenschaft zu verdanken. Der große Stein war 1967 von einem britischen Panzer so stark beschädigt worden, dass er in drei Teile zersprungen war. Karl Spilker aus Fischbeck ließ die Reste 1971 wieder aufstellen. Heute kümmert sich Heinz Phiephoh darum, dass der Stein nicht vermoost und erneuert von Zeit zu Zeit die Inschrift mit frischer Farbe. Damit die Geschichte des älteren Kindes auch nicht vergessen wird, hat sich Robert Wollnik mit Hermann Faust in Verbindung gesetzt. 'Ich habe ihn regelrecht genervt', bekennt der Haddesser. Hermann Faust wusste Rat, konnte über das Leader-Projekt Geld lockermachen, das für das Aufstellen der Gedenktafel notwendig war. Diese steht unweit der Schutzhütte am Karl-Henke-Weg. Das ist der Weg, der Bensen und Bakede verbindet. (Anm. j.s.: Die Tafel steht ca. 250 bis 300 m entfernt von der Kirche am Kammweg auf der rechten Seite in Richtung Hohenstein.) Früher waren Menschen aus dem Hessisch Oldendorfer Ortsteil täglich auf diesem unterwegs, um zu ihren Arbeitsplätzen in den Stuhlfabriken auf der münderschen Seite zu kommen. Die Schutzhütte, die im Volksmund 'Kirche' wegen ihres spitzen Daches genannt wird, ist übrigens vor einigen Jahren auch aus Mitteln von Leader und mit der Hilfe einiger Haddesser um den Vorsitzenden der Süntelwaldgenossenschaft, Karl Beißner, saniert worden.

Robert Wollnik ist oft im Wald oberhalb von Haddessen und Bensen unterwegs. Der begeisterte Wanderer und Jäger war vom Vorsitzenden der Süntelwald-Genossenschaft als Wanderwegpate vorgeschlagen worden. Wollnik, für den ehrenamtliche Arbeit selbstverständlich ist, nahm das Amt an. Als Vertriebener ist er nach dem Krieg nach Haddessen gekommen, als Schüler oft mit dem Jäger Fritz Schulte im Süntel unterwegs gewesen. 'So habe ich bald jeden Weg und Steg gekannt.' Der Haddesser, dem sehr daran gelegen ist, Geschichten aus dem Süntel für die Nachwelt zu erhalten, plant bereits ein neues Projekt. Und wieder soll Hermann Faust helfen. Eine Tafel soll über die Raubritter von der Katzennase berichten. Ob tatsächlich früher eine Burg dort stand - Funde gab es bisher nicht -, oder ob es nur eine Mär ist, von dem Ritter, der noch heute zu nächtlicher Stunde auf einem weißen Pferd und in Begleitung eines schwarzen Hundes durch die Dörfer reitet, darüber muss sich jeder ein eigenes Bild machen.
Dewezet-Artikel vom 28.07.2010