Wer hat den Panitz-Stein beschädigt?
Foto: j.s. 2020
Der Panitzstein erinnert an eine Kindertragödie
Etwa 600 Meter westlich des Süntelturms befindet sich ein Gedenkstein, der an ein tragisches Ereignis erinnert, das vor über 100 Jahren passierte. Es ist ein Felsblock, der an der einen Seite eine glatte Fläche hat, auf der von ungeübter Hand eingemeißelt ist: 'Panitz, Kind, 5. Okt. 1871'.
Am südöstlichen Rand des Süntels lebte der Bergmann Panitz mit seiner kinderreichen Familie. Vater Panitz arbeitete in einem der kleinen Süntelbergwerke. Ihren Brennstoffbedarf holte Mutter Panitz aus dem Walde. Häufig nahm sie ihre Kinder mit. Am 5. Oktober 1871 ging sie allein auf Holzsuche. Die Mutter blieb lange aus. Schließlich kamen zwei der Kinder auf die Idee, die Mutter abzuholen. Die sechsjährige Dorothea Christine und die eben dreijährige Johanna Florentine gingen gemeinsam den Weg zum Wald, den sie häufig mit ihrere Mutter gegangen waren.
Foto: Jürgen Giesecke
Sie warteten jedoch nicht am Waldrand, sondern liefen immer tiefer in den Wald hinein.
Den Weg hatten sie bald verloren. Sie irrten umher und riefen nach ihrer Mutter, doch
niemand hörte sie. Als die Mutter am Abend nach Hause kam fand sie ihre beiden Kinder nicht vor. Eine Suchaktion setzte ein, an der sich neben den Dörflern der Ortschaft Klein Süntel sogar Militär beteiligt haben soll.
Erst fünf Tage später fand man das jüngere Mädchen an der Stelle, an der heute noch der Gedenkstein steht. Die Leiche der der älteren Schwester wurde erst nach 21 Tagen an einer Stelle gefunden, die mehrere Kilometer westlich zwischen Katzennase und Borberg liegt. An dieser Stelle stand früher eine große Buche, in die ein Kreuz mit dem Namen Panitz eingeritzt war. Unter dieser Buche stand ein großer Stein. Beide sind im Laufe der Nachkriegsjahre verschwunden.
Ganz in der Nähe des Denkmals befindet sich dieses Wasserbecken.
Das zweite Panitzkind?
Die Fotos wurden von A.F. Broszio im Januar 2005 gemacht.
Nach seiner Meinung handelt es sich hierbei um die Fundstelle des zweiten Panitzkindes. Der
Baum mit dem Emailleschild (?) stand ca. 250 bis 300 m entfernt von der Kirche am Kammweg bzw. Grenzweg auf der rechten Seite in Richtung Hohenstein.
Der Baum ist inzwischen der Säge zum Opfer gefallen und damit auch das
Schild verschwunden. Auf dem Schild war kaum noch etwas zu lesen, nur
andeutungsweise ein Datum und das P. Da die Stärke dieser Buche sicher
noch nicht einem Alter von weit mehr als 100 Jahren entsprach, wird
dieses Schild vielleicht später angebracht worden sein als Ersatz für
eine ältere Markierung.
Auf einer alten Landkarte ist auch in der Nähe der Süntelkirche am Kammweg auf der rechten Seite in Richtung Hohenstein der Eintrag PANITZ-KIND zu sehen.
Eichenpfahl und Tafel erinnern an Tod des Panitzkindes
von Peter Jahn
Seit Jahrzehnten wies ein Schild an einer Buche am Rande des Kammweges zwischen dem
Hohenstein und dem Süntelturm auf eine Tragödie hin, die sich im Jahre 1871 abspielte. Zwei
kleine Kinder waren damals im Wald auf der Suche nach ihrer Mutter ums Leben gekommen. Ob
der Sturm die Buche mit dem Hinweisschild abgeknickt hatte oder ob sie der Motorsäge bei
Fällarbeiten zum Opfer fiel, ist nicht geklärt, wie Robert Wollnik erklärt. Der Wanderpate aus dem
Sünteldorf Haddessen hat sich mächtig ins Zeug gelegt, damit ein neues Hinweisschild am
Kammweg, neun Kilometer vom Süntelturm entfernt, aufgestellt werden konnte.
'Sieben Kilometer von hier, in dem Dorf Klein Süntel, lebte einst der Bergmann Panitz mit seiner
kinderreichen Familie. Als die Mutter am 5. Oktober 1871 im Wald nach Brennholz suchen wollte
und lange ausblieb, gingen ihr zwei ihrer Kinder nach: die sechsjährige Dorothea Christine und die
dreijährige Johanna Florentine. Weil die übrige Familie sie bei ihrer Mutter wähnte, fiel ihr Fehlen
erst am Abend auf. Nachbarn berichteten schließlich, dass die Kinder in den Wald gegangen seien.
Unermüdlich durchstreiften Dorfbewohner und sogar das Militär den Wald. Nach fünf Tagen
fanden sie das jüngere Mädchen tot auf. Die Leiche der Älteren entdeckte man hier � drei Wochen
später und mehrere Kilometer vom Fundort der Jüngeren entfernt.' So steht es auf der Tafel, die auf
die Tragödie hinweist. Es ist die Tafel für das ältere der beiden Mädchen. Das jüngere Panitzkind ist
etwa 600 Meter westlich des Süntelturms gefunden worden. Dort steht ein Stein, der daran erinnert.
Heinz Phiephoh schreibt in seinem Buch 'Geschichte, Bilder und Geschichten aus Flegessen,
Hasperde und Klein Süntel': Die Familie Panitz lebt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in
einem bescheidenen Häuschen am südwestlichen Hang des Süntels. Der Vater arbeitet in einem der
kleinen Bergwerke der Gegend, um seine kinderreiche Familie zu ernähren. Das Brennholz für den
Ofen, mit dem daheim geheizt und gekocht wird, holt die Mutter aus dem nahen Wald. Häufig
nimmt sie dorthin ihre Kinder mit. Doch nicht so am Morgen des 5. Oktober 1871. Die Töchter
Dorothea Christine und Johanna Florentine beschließen, ihre Mutter abzuholen. Anstatt am
Waldrand zu warten, gehen sie tief in den Wald hinein. Suchaktionen bleiben erfolglos. Nach fünf
Tagen wird das jüngere Kind gefunden. Sie ist vermutlich aus Angst und vor Erschöpfung
gestorben. Ihre ältere Schwester hat sie mit einer Schürze zugedeckt und ist weiter im Süntelwald
umhergeirrt. Sie wird drei Wochen nach dem Verschwinden mehrere Kilometer westlich zwischen
Katzennase und Borberg gefunden. In der Ortschronik von Klein Süntel wird berichtet, dass der
Vater sein totes Kind auf einer Leseholztrage selbst nach Hause gebracht habe.
Am Fundort des älteren der Panitzkinder stand zunächst ein Stein, in einer Buche war der Name
Panitz eingeritzt. Stein und Baum sind nach dem Zweiten Weltkrieg verschwunden, berichtet Heinz
Phiephoh. Dass der Gedenkstein für das jüngere Kind noch heute erhalten ist, ist Karl Spilker und
der Süntelwaldgenossenschaft zu verdanken. Der große Stein war 1967 von einem britischen Panzer
so stark beschädigt worden, dass er in drei Teile zersprungen war. Karl Spilker aus Fischbeck ließ
die Reste 1971 wieder aufstellen. Heute kümmert sich Heinz Phiephoh darum, dass der Stein nicht
vermoost und erneuert von Zeit zu Zeit die Inschrift mit frischer Farbe. Damit die Geschichte des
älteren Kindes auch nicht vergessen wird, hat sich Robert Wollnik mit Hermann Faust in
Verbindung gesetzt. 'Ich habe ihn regelrecht genervt', bekennt der Haddesser. Hermann Faust
wusste Rat, konnte über das Leader-Projekt Geld lockermachen, das für das Aufstellen der
Gedenktafel notwendig war. Diese steht unweit der Schutzhütte am Karl-Henke-Weg. Das ist der
Weg, der Bensen und Bakede verbindet.
(Anm. j.s.: Die Tafel steht ca. 250 bis 300 m entfernt von der Kirche am Kammweg auf der rechten Seite in Richtung Hohenstein.)
Früher waren Menschen aus dem Hessisch Oldendorfer
Ortsteil täglich auf diesem unterwegs, um zu ihren Arbeitsplätzen in den Stuhlfabriken auf der
münderschen Seite zu kommen. Die Schutzhütte, die im Volksmund 'Kirche' wegen ihres spitzen
Daches genannt wird, ist übrigens vor einigen Jahren auch aus Mitteln von Leader und mit der Hilfe
einiger Haddesser um den Vorsitzenden der Süntelwaldgenossenschaft, Karl Beißner, saniert
worden.
Robert Wollnik ist oft im Wald oberhalb von Haddessen und Bensen unterwegs. Der begeisterte
Wanderer und Jäger war vom Vorsitzenden der Süntelwald-Genossenschaft als Wanderwegpate
vorgeschlagen worden. Wollnik, für den ehrenamtliche Arbeit selbstverständlich ist, nahm das Amt
an. Als Vertriebener ist er nach dem Krieg nach Haddessen gekommen, als Schüler oft mit dem
Jäger Fritz Schulte im Süntel unterwegs gewesen. 'So habe ich bald jeden Weg und Steg gekannt.'
Der Haddesser, dem sehr daran gelegen ist, Geschichten aus dem Süntel für die Nachwelt zu
erhalten, plant bereits ein neues Projekt. Und wieder soll Hermann Faust helfen. Eine Tafel soll über
die Raubritter von der Katzennase berichten. Ob tatsächlich früher eine Burg dort stand - Funde gab
es bisher nicht -, oder ob es nur eine Mär ist, von dem Ritter, der noch heute zu nächtlicher Stunde
auf einem weißen Pferd und in Begleitung eines schwarzen Hundes durch die Dörfer reitet, darüber
muss sich jeder ein eigenes Bild machen.
Dewezet-Artikel vom 28.07.2010