Steinbruch Haddessen
















Vielen Dank für die Bilder an Hans Requardt!

Verwitterte Hoffnungen in Stein, Stahl und Beton

Als in der Nachkriegszeit gegen Ende der 40er Jahre in einem der lanschaftlich ansprechenden und schönsten Gebiete des Süntels oberhalb von Haddessen mit erheblichen finanziellen Mitteln ein vorhandener Steinbruch industriell erschlossen und genutzt werde sollte, schien für den Betreiber und auch für die Süntelwaldgenossenschaften ein goldenes Zeitalter angebrochen zu sein. Es gab allerdings auch Skeptiker unter den Waldgenossen. Zumindest durfte man aber hoffen, daß mit den eingehenden Pachtgeldern aus dem Steinbruchunternehmen die schweren Schäden schneller überwunden werden konnten, die durch den am Süntel betriebenen Raubbau der Besatzungsmächte in den Holzbeständen verursachte worden waren. Als sich dann der Klöckner-Konzern auch noch in das Unternehmen einschaltete, blickte man selbst von der zunächst ebenfalls skeptischen Kreisverwaltung hoffnungsfroh nach Haddessen. Das um so mehr, weil bei dem hemdärmlig-couragierten Unternehmer Geld überhaupt keine Rolle zu spielen schien.



Der Verladebunker vor der Sprengung


In Erwartung einer guten Verzinsung durch erhöhten Steuereingang baute die Kreisverwaltung 1953 die Straße vom Höfinger Ortsteil Texas nach Haddessen und weiter bis zum Steinbruch mit der Tragfähigkeit für Schwertransporte aus, eine regelrechte Panzerstraße. Einige Dutzend Lastzüge rollten tagtäglich im Pendeverkehr viele hundert Tonnen Steine zur Schiffverladestelle nach Hess. Oldendorf und bei Niedrigwasser sogar nach Minden. Im Bereich des Steinbruchs wuchs ein Bauwerk nach dem anderen auf steinigem Grund und mit erheblichem Aufwand wurden selbst unterirdische Transportanlagen zu den riesigen Bunkern gebaut. Fast zwei Millionen Mark an Geldern aus dem Marshall-Plan flossen in dieses Projekt. Wieviel der Klöckner-Konzern investierte, weiß vielleicht nur das Finanzamt zu sagen.

Der Unternehmer selbst ersetzte das ihm fehlende Kapital mir seinem unverwüstlichen Optimismus und mit goldigen Versprechungen. Einige Jahre hindurch erfüllten sich auch alle Erwartungen, aber als dann Ender der 50er Jahre die erste Stahlkrise einsetzte und weniger Steine für die Verhüttung gebraucht wurden, breitete bald der Pleitegeier über dem Süntelwald seine tödlichen Schwingen aus und brachte den Steinbruch zum Erliegen. Von den investierten Millionen blieben nur die fast über Nacht wertlos gewordenen Bebäude übrig. [..]

Die Rheinischen Kalksteinwerke wollten dem Steinbruch noch einmal zu neuer Blüte verhelfen, aber die bereits abgeschlossenen Verträge , die u. a. den Bau einer Drahtseilbahn oder sogar einer Hochstraße vom Süntel zur Weser vorsahen, kamem wegen der neuen Stahlkrise nicht mehr zum Tragen. Durch die vereinsamtem Hallen der einstigen Trutzburg aus Beton und Stahl aber heulte klagend der Wind, 30 Jahre lang, ehe die Kalksteinwerke diesen riesigen Komplex, der immerhin 4 ha umfaßte und keinen Pflanzenwuchs hochkommen ließ, an die Süntewaldgenossenschaften zurückgaben. [..] Diese Kraterlandschaft war zu einem Tummelplatz für Außenseiter unserer Gesellschaft geworden. [..] Große Altöllachen, ausgelaufenes Dieselöl und offene Dieselölfässer mit Inhalt gehörten zur Tagesordnung. [..]

Dieser Platz lag mitten im Wasserschutz- und -gewinnungsgebiet - so konnte es nicht weitergehen. Was war zu tun? Die britische Pioniereinheit in Hameln hatte ein Einsehen, es kam zu Verhandlungen und Angeboten. Im Rahme einer groß angelegten Übung sollten Sprengung und Einebnung das Gelände zur Rekultivierung vorbereiten. Die Behörden gaben ihre Zustimmung zu dem Vorhaben. Zunächst wurden mit Baggern und Raupen die kleinen Gebäude im Steinbruch dem Erdboden gleichgemacht. Der große Stahlbunker konnte nicht gesprengt werden, da durch die Erschütterung wahrscheinlich Risse im Felsgestein des Falltals, Veränderungen des Grundwasserstandes eine Gefahr für die zentrale Wasserbeschaffungsanlage gebracht hätten, deren drei Brunnen und Pumpwerke in unmittelbarer Nähe liegen. So wurde der Hydra nur der Kopf abgeschlagen, d. h. die Aufbauten der Bunkeranlage, die Maschinenhallen und Kippvorrichtungen für die gewaltigen Steinbrecher sind verschwunden. Die Nebengebäude waren problemlos. Die Briten leisteten ganze Arbeit, die Trümmer wurden mit Erdreich vermischt und hangabwärts geschoben.

Da inzwischen die Genossenschaft den ganzen Komplex wieder zu eigen hatte, war nunmehr die Möglichkeit für Kulturmaßnahmen und einer späteren Bepflanzung des ehemaligen 'Schandfleckens' gegeben. Der Genehmigungsantrag, durch Aufbringung von Bodenaushub die Fläche wieder kulturfähig zu machen, wurde vom Amt für Wasserwirtschaft und Abfall des Landkreises Hameln-Pyrmont abgelehnt. Warum eigentlich? Sinnlos und unbegreiflich. So lag das Plateau noch acht Jahre lang brach. [..] Der Abteilung 502 im zuständigen Landesministerium in Hannover ist es zu danken, daß hier Abhilfe geschaffen wurde. [..] Gut zwei Meter hohe Anfüllungen mit Wirtschaftsboden machten das Gelände bis zum Ende des Jahres 1994 wieder kulturfähig und forstlich nutzbar. (von Karl Spilker)


Der Verladebunker 2004

2010