Der Süntel in Geschichte und Sage

Es gibt kaum einen zweiten Berg im Weserbergland, an dem sich die kultischen Sagen so häufen wie um den Hohenstein. Er war ein Hauptheiligtum der Cherusker und später der Sachsen. Der Wald war ein heiliger Hain. Das hier geschlagene Holz rollt unterwegs vom Wagen. Das Bauholz aus dem Hain bringt Unsegen und Feuerunglück ins Haus. Die Pferde sind im Wald unruhig und bleiben manchmal mit dem beladenen Fuhrwerk stehen. Das Wild, das hier lebt, steht unter dem Schutz des Berggeistes. Wird es vom Jäger verfolgt, so versagt das Gewehr oder wird dem Jäger aus der Hand geschlagen. Wenn er das Wild trotz aller Warnungen weiter jagt, wird er von einem großen schwarzen Hund zerrissen. Der weiße Hirsch wird besonders geschützt.

Das Stammesheiligtum hat schon in den Römerkriegen eine Rolle gespielt. Wahrscheinlich war es der 'Hain des Herkules', von dem der römische Geschichtsschreiber Tacitus bei der Beschreibung der Schlacht auf dem Idistavisusfelde im Jahre 16 n. Chr. erzählt. Im Zusammenhang mit dem Heiligtum stand sicher das große germanische Heerlager, die Burg auf dem Amelungsberge. Die Schlacht am Süntel im Jahre 782 zwischen den Franken und Sachsen wird auf das Dachtelfeld verlegt, obwohl mit dem Süntel früher auch das Wesergebirge gemeint war. Die Schlacht soll sich vom Dachtelfeld durch das Totental bis zur Burg auf dem Amelungsberge hingezogen haben. Sie sei so blutig gewesen, daß der Bach vom Blute der Gefallenen rot gefärbt gewesen sei, daher der Name Blutbach.

Die Runentafel vom Hohenstein

Über diese Tafel ist geschrieben, daß sie gegen Ende des 16. Jahrhunderts am Hohenstein gefunden sei. Sie habe aus gebranntem Ton bestanden und sei von Ludolf von Münchhausen an die Universität Helmstedt zur Begutachtung geschickt. Das Original ist verloren gegangen, eine Nachbildung befindet sich in einem Marburger Museum. Der Göttinger Gelehrte Schaumann hat im 19. Jahrhundert diese Tafel in seiner Geschichte des niedersächsischen Volkes veröffentlicht und die Runen gelesen: 'Dhu gautar osta ous il sin grosta', und sieht als Sinn an: 'er naht wieder der gute osta'. Das Bild zeigt auf der einen Seite die segenspendende Sonne, darunter ein Hufeisen, das glückbringende Pferdesysmbol. Auf der anderen Seite steht die Mondsichel auf dem Haupte des Frosta - des Rechtsvertreters. Wilhelm Teudt hat die Inschrift in sein Buch 'Germanische Heilgtümer' aufgenommen.



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Der weiße Hirsch

Auch um den Hirschsprung, das große Aussichtsplateau des Hohensteins, rankt sich eine Sage: Ein weißer Hirsch mit einem schwarzen Einhorn zwischen dem Geweih habe hier sein Revier gehabt, der Nacht für Nacht eine Kuh von den Weiden zu seinem weißen Hirschkalb führte, um es zu säugen. Als ihn die Bauern und Hirten des Umlandes deshalb jagen wollten, soll ihnen ein Berggeist entgegengetreten sein, der mit goldenem Schwert Blitze und mit goldenem Horn einen solchen Gewittersturm erzeugte, daß die Menschen an den Klippen zerschmettert wurden.

Etwas vom Dachtelfeld

Nicht weit vom Hohenstein, in nordöstlicher Richtung, liegt das Dachtelfeld, eine größere, ziemlich ebene Fläche, welche in alten Zeiten Ackerland war. Da die Form des Berges einem Dach gleicht, so entstand aus dem Namen Dach und Feld der Name Dachtelfeld.

Einige Wohnhäuser standen hier, aber so nach und nach verließen die Einwohner diese entlegene Waldeinsamkeit. Inzwischen waren aus den Einzelgehöften der Germanen, dieses war ihre ursprüngliche Siedlungsform, Orte entstanden, in denen sich das tägliche Leben abspielte. Auf dem Dachtelfeld war zuletzt nur noch ein Haus bewohnt, dessen Besitzer Dralle hieß. Dieser Mann hatte mehrere Kinder, denen stets gesagt wurde, nicht allein aus dem Haus zu gehenden oder den Wald zu verlassen. Da passierte doch das Unglück, denn ein kleiner Sohn war spurlos verschwunden, und auch nach wochenlangem Suchen nicht zu finden. Als dann eines Tages die Frau Dralle waschen wollte und das dazu nötige Wasser aus dem Regenfass holte, stieß sie beim schöpfen auf die Füßchen ihres Kindes. Die Familie Dralle verkaufte ihr Haus zum Abbruch und von dieser Zeit an, bis um die Jahrhundertwende in das 20. Jahrhundert, weideten dort oben nur noch Kühe.

Da für die Kühe oben kein Wasser vorhanden war, mussten sie bergab zum Wellergrund getrieben werden. Hier war eine Sumpfstelle mit genügendem Wasservorrat. Noch heute heißt dieser Platz 'Die Tränke'. Nicht weit von der Tränke ist der Baxmannsborn.
Autor unbekannt
Vielen Dank für die Geschichte an Wilfried Koch aus Bakede.